Von allen medizinischen Instrumenten ist das Skalpell sicher das bekannteste. Auch in diesem Bereich haben die römischen Ärzte wieder einmal einen Standart definiert, denn die Funde unterscheiden sich lediglich im Design der Verziehrungen. Die hier dargestellten Skalpelle stellen den Typ Skalpell mit Spatelende dar. Alle gemachten Funde, die datiert werden konnten, sind nicht älter als die frühe römische Kaiserzeit. Das könnte ein Anzeichen dafür sein, dass dieser Skalpelltyp eine römische Entwicklung ist. Da sich Form und Aussehen in der Kaiserzeit nicht mehr grundlegend ändern, kann davon ausgegangen werden, dass das Skalpell für die römischen Ärzte als ausgereift angesehen wurde.
Der Aufbau des Skalpells ist typisch für medizinische Instrumente der Römer, denn die meisten Instrumente waren zweiseitig benutzbar. Auf der einen Seite das eigentliche Skalpell, auf der anderen Seite ein myrtenblattförmiger Spatel, der dazu genutzt werden konnte, den mit dem Skalpell gemachten Einschnitt auseinander zu drücken, ohne ein anderes Instrument in die Hand nehmen zu müssen. Die Form der Klingen und der Spatel variieren sehr stark von Skalpell zu Skalpell und können als Spezialisierung der Skalpelle für bestimmte Aufgaben angesehen werden. Der Griff der Skalpelle besteht in der Regel aus Bronze, die Klinge hingegen aus Eisen, was auch erklärt, warum die Skalpelle meist ohne Klinge gefunden werden, da die Eisenklinge im Boden schneller vergeht als der Bronzegriff.
Um die Klinge am Griff zu befestigen, wurde der rechteckige Schaft am Griff mit einem schmalen Einschnitt versehen, der in einer Bohrung endete. In der Bohrung konnte dann die Klinge fixiert werden. Abgebrochene oder schartig gewordene Klingen konnten so ausgetauscht werden, ohne das komplette Skalpell entsorgen zu müssen. Da die Skalpellgriffe zum Teil kleine Kunstwerke waren, ist es erst recht verständlich, dass die Klingen ausgetauscht werden konnten.
Die Griffe der Skalpelle waren je nach Geldbeutel des Auftraggebers reich verziert. Oft wurden die Griffe mit Tauschierungen versehen, bei denen in eine Rille ein Metalldraht (z.B. Gold oder Silber) festgehämmert wurde. Es kann davon ausgegangen werden, dass so manches Skalpell bereits in der Antike nahezu unbezahlbar teuer war. In unserer heutigen Zeit wird man Mühe haben, einen Handwerker zu finden, der diese Kunst überhaupt noch beherrscht. Die Verzierungen waren vielfältig und reichen von Kreisen und Punkten über Efeuranken bis zu figürlichen Motiven wie zum Beispiel Vögel. Um schöner auszusehen, wurden die Griffe aber zum Teil auch mit Querwülsten zwischen Spatelende und Schaft versehen.